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dabei zumute, als hätte ein himmlischer Tau ihre vor Er-
wartung brennenden Herzen erquickt. »Ich bin seit einer
Stunde in der Hölle, und nun tut sich der Himmel auf,«
sagten Raouls Augen. »Ich wußte, daß du da warst, aber
bin ich frei?« sagten die Augen der Gräfin. Nur Diebe,
Spione, Liebende, Diplomaten, kurz, alle Sklaven, ken-
nen die Hilfsmittel und die Wonnen des Blicks. Nur sie
wissen, wie viel Verständnis, Sanftmut, Geist, Zorn und
Verbrechen im Wechselspiel dieses beseelten Lichtes
liegt. Raoul fühlte, wie seine Liebe sich unter den Sporen
des Zwanges bäumte, aber auch, wie sie beim Anblick
der Hindernisse wuchs. Zwischen der Stufe, auf der er
stand, und der Loge der Gräfin Felix von Vandenesse
waren kaum dreißig Schritte, und doch konnte er diesen
Abstand nicht aus der Welt schaffen. Dieser unü-
berschreitbare Abgrund, vor dem er festen Fußes stand,
flößte einem leidenschaftlichen Manne wie er, der bisher
zwischen Begierde und Genuß nur wenig Abstand ge-
kannt hatte, das Verlangen ein, mit einem Tigersatz zu
der Gräfin zu springen. In einem Anfall von Wut suchte
er das Gelände zu erkunden. Er verbeugte sich sichtlich
vor der Gräfin, die mit jenem leichten, geringschätzigen
Kopfnicken antwortete, mit dem die Damen ihren Anbe-
tern die Lust zu einer Wiederholung benehmen. Graf
Felix drehte sich um, um zu sehen, wer seine Frau grüßte.
Er bemerkte Nathan, grüßte nicht, drehte sich langsam
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wieder um und murmelte ein paar Worte, mit denen er
zweifellos die gespielte Verachtung seiner Frau billigte.
Die Logentür blieb Nathan offenbar verschlossen, und
dieser warf Felix einen furchtbaren Blick zu. Diesen
Blick hätte jedermann mit einem Wort Florines gedeutet:
»Du, bald wirst du den Kopf nicht mehr hoch tragen!«
Frau von Espard, eine der unverschämtesten Damen der
Zeit, hatte aus ihrer Loge alles gesehen; sie rief laut ein
paarmal Bravo. Raoul, der unter ihr stand, drehte sich
schließlich um, grüßte sie und erhielt von ihr ein anmuti-
ges Lächeln, das deutlich zu sagen schien: »Wenn Sie
dort vertrieben werden, kommen Sie hierher.« Raoul ver-
ließ also seine Säule und kam zu Frau von Espard. Er
hatte das Bedürfnis, sich dort zu zeigen, um dem kleinen
Herrn von Vandenesse zu beweisen, daß Berühmtheit
soviel wert ist wie Adel, und daß sich vor Nathan alle
wappengeschmückten Türen in ihren Angeln drehten.
Die Marquise nötigte ihn, ihr gegenüber, in der Vorder-
reihe der Loge Platz zu nehmen. Sie wollte ihn aushor-
chen.
»Frau Felix von Vandenesse ist heute abend reizend,«
begann sie mit einem Kompliment auf ihre Toilette, als
handelte es sich um ein Buch, das er gestern veröffent-
licht hatte.
»Ja,« sagte Raoul gleichgültig. »Die Marabus stehen ihr
ausgezeichnet. Aber sie ist ihnen sehr treu. Sie trug sie
schon vorgestern,« setzte er etwas wegwerfend hinzu, um
durch diese Kritik die holde Mitschuld zu entkräften,
deren die Marquise ihn zieh.
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»Kennen Sie das Sprichwort?« fragte sie. »Ein rechtes
Fest dauert zwei Tage.«
Im Spiel geistreicher Dialoge sind die literarischen Be-
rühmtheiten nicht immer so gewandt wie die Marquisen.
Raoul beschloß, sich dumm zu stellen, der letzte Ausweg
der geistreichen Leute. »Das Sprichwort trifft für mich
zu,« sagte er, die Marquise galant anblickend.
»Mein Lieber, Ihre Antwort kommt zu spät, als daß ich
sie noch annähme,« entgegnete sie lachend. »Tun Sie
nicht so spröde. Gehen Sie! Sie haben Frau von Vande-
nesse gestern morgen auf dem Ball in ihren Marabus rei-
zend gefunden; sie weiß es, sie hat sie für Sie wieder
angelegt. Sie liebt Sie: Sie beten sie an. Das geht zwar
etwas rasch, aber ich finde das nur zu natürlich. Wenn
ich mich irrte, so würden Sie Ihren einen Handschuh
nicht drehn wie einer, der voller Wut neben mir sitzt,
statt in der Loge seines Idols zu sein, wo er allerdings
offiziell abgeblitzt ist, und der sich nun ärgert, daß er sich
etwas zuflüstern lassen muß, was er gern laut hörte.«
In der Tat drehte Raoul einen Handschuh in seinen Fin-
gern und zeigte dabei eine auffällig weiße Hand. Frau
von Espard blickte diese Hand mit der größten Unverfro-
renheit starr an und versetzte:
»Sie hat Ihnen Opfer abgerungen, die Sie der Gesell-
schaft nicht gebracht haben. Sie muß von ihrem Erfolg
entzückt sein und wird sich gewiß etwas darauf einbil-
den, aber an ihrer Stelle wäre ich noch eingebildeter. Sie
war nur eine geistreiche Frau, jetzt wird sie zur genialen
Frau werden. Sie werden sie uns in einem köstlichen Bu-
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che schildern, wie Sie sie zu schreiben verstehen. Mein
Lieber, vergessen Sie Vandenesse nicht dabei; tun Sie's
mir zu Liebe. Wahrhaftig, er ist zu selbstgewiß. Diese
strahlende Miene verziehe ich selbst dem olympischen
Zeus nicht, dem einzigen mythologischen Gotte, der kein
Pech gehabt haben soll.«
»Meine Gnädigste,« rief Raoul aus, »Sie schreiben mir
eine recht niedrige Seele zu, wenn Sie mich für fähig
halten, mit meinen Gefühlen, meiner Liebe Schacher zu
treiben. Lieber als diese literarische Feigheit wäre mir
noch der türkische Brauch, einer Frau einen Strick um
den Hals zu werfen und sie zum Markte zu führen.«
»Aber ich kenne Marie doch, sie wird Sie selbst darum
bitten.«
»Dazu ist sie unfähig,« sagte Raoul leidenschaftlich.
»Sie kennen sie also gut?«
Nathan mußte über sich selbst lachen, über sich, den
Komödienspieler, der selbst einer Komödie zum Opfer
gefallen war.
»Die Komödie wird nicht mehr dort gespielt,« sagte er,
auf die Bühne deutend, »sondern bei Ihnen.«
Er nahm sein Opernglas und begann im Theater umher-
zublicken, um sich eine Haltung zu geben. »Sind Sie mir
böse?« fragte die Marquise, ihn von der Seite anblickend.
»Hätte ich nicht stets Ihr Geheimnis erfahren? Wir wer-
den uns leicht vertragen. Kommen Sie zu mir; ich habe [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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